Feier zum 50-jährigen Gründungsjubiläum des Slavischen Seminars der Universität Freiburg. Auch für Badenweiler ein gewichtiges Ereignis.

In den 1950er Jahren, parallel zur Wiederentdeckung der Tschechow-Tradition in Badenweiler,  begannen auch die Neugründungen der Slavischen Seminare in (West-) Deutschland.

Prof. Dr. E. Cheauré und Dr. Rumjana Koneva aus Sofia beim Symposium, Foto: H. Setzer

In den 1950er Jahren, parallel zur Wiederentdeckung der Tschechow-Tradition in Badenweiler,  begannen auch die Neugründungen der Slavischen Seminare in (West-) Deutschland. In Freiburg war es genau vor 50 Jahren so weit,  1962 wurde  Prof. Dr. Wilhelm Lettenbauer als erster Ordinarius an das neu gegründete Slavische Seminar der Albert-Ludwigs-Universität berufen. Badenweilers Kontakte zu Lettenbauer waren sogar älter: Bereits 1958 hatte sich Bürgermeister Dr. Friedrich von Sieboldt an Lettenbauer, damals noch Professor in Erlangen, gewandt, um Auskünfte zu Anton Tschechow einzuholen. Früh hatte man im Heilbad erkannt, dass für eine profunde Tschechow-Gedenkkultur die Hilfestellung der Universitäten unabdingbar war. 1963, als unter dem gerade ins Amt gehobenen Bürgermeister Dr. Rudolf Bauert der Tschechow-Gedenkstein am Schwanenweiher als erstes Versöhnungszeichen zwischen der UdSSR und der Bundesrepublik -  nach Mauerbau und Kubakrise  - eingeweiht wurde, hielt allerdings nicht Lettenbauer, sondern auf Vorschlag der „Dt. Gesellschaft für Osteuropakunde“  Prof. Dr. Alfred Rammelmeyer von der Johann-Goethe-Universität Frankfurt die Laudatio.

Freiburgs Verbindung zum Heilbad entwickelten sich anschließend umso intensiver: 1977 wurde Rolf-Dieter Kluge Professor für Slavische Literaturwissenschaft, kurz danach begannen er und seine Doktorantin Maria Deppermann, spätere Professorin für Slavistik der Uni Salzburg, erstmals das „Tschechow-Archiv“ in Badenweiler wissenschaftlich zu beschreiben. Die in der Kurzeitung Badenweiler (1.3. und 31.3.1982) erschienenen Berichte füllten damals Lücken der Tschechow-Forschung.  Als Kluge 1982 auf den Lehrstuhl nach Tübingen wechselte, wurde von dort die Tschechow-Forschung verstärkt weitergeführt. Regine Nohejl und Heinz Setzer, gleichfalls ehemalige Schüler Kluges in Freiburg, wurden Mitarbeiter. Alle in den Jahren 1985, 1994 und 2004  in Badenweiler durchgeführten großen „Internationalen Tschechow-Symposien“ liefen so unter der Ägide der Tübinger Slavisten. Setzer übernahm dann Ende 1997 den Auftrag, in Badenweiler das Literarische Museum „Tschechow-Salon“ aufzubauen. Als Kluge nach seiner Tübinger Emeritierung im Jahr 2002 eine neue Professur in Warschau annahm und R. Nohejl nach Freiburg ans Slavische Seminar zurück kehrte, wurde von dort die Zusammenarbeit mit Badenweiler durch wissenschaftliche Exkursionen in den Kurort, gemeinsame Forschungspläne sowie studentische Praktika im „Tschechow-Archiv“ neu belebt. Noch intensiver wurde diese Beziehung durch die 2009 in Badenweiler erfolgte Gründung der „Deutschen Tschechow-Gesellschaft e. V.“ (DTG), bei der viele ehemalige und jetzige Freiburger Slavisten Leitungsfunktionen übernahmen: So wurde Prof. Dr. Kluge Vorsitzender und Museumsleiter Setzer sein Stellvertreter; Dr. Nohejl wurde Schriftführerin und die Literaturwissenschaftlerin Prof. Prof. h.c. Dr. Elisabeth Cheauré Beisitzerin im Vorstand. Die Freiburger Russisch-Lehrbeauftragte Larisa von Treyden, Prof. Dr. Deppermann in Salzburg und  Prof. Dr. Evelyn Enderlein in Straßburg, ehemalige Freiburger Tschechisch-Dozentin, wurden Mitglieder des Kuratoriums der DTG. Dr. h. c. Gernot Erler, MdB, Staatsminister a.D. im Auswärtigen Amt, der in Freiburg Osteuropäische Geschichte und Russisch studiert hatte, ist seither Präsident des Kuratoriums, die Freiburger Linguistikprofessorin Dr. Juliane Besters-Dilger  ist DTG-Gründungsmitglied.

Das Seminarjubiläum wurde am 26.10.2012 mit dem Symposium „Russische Sprache, Literatur und Kultur im alemannischen Raum“ auch wissenschaftlich zelebriert: 13 breit gefächerte Fachvorträge wurden auf einen Tag konzentriert. Prof. Dr. Horst-Jürgen Gerigk aus Heidelberg etwa würdigte in einem spannenden Vortrag die vorletztes Jahr verstorbene renommierte Freiburger Übersetzerin Swetlana Geier, zu der dann Setzer einen kaum bekannten Badenweiler-Bezug beisteuerte: Am 14.7.1954 hielt S. Geier, die gerade in Freiburg ihr Studium beendet hatte, die erste Laudatio auf Tschechow seit 40 Jahren, womit die seither ununterbrochene Tschechow-Gedenkkultur des Heilbads ihren Anfang nahm.  Mit einem Alumni-Treffen in der „Burse“, zu dem über 70 ehemalige Studierende und Mitarbeiter des Seminars aus ganz Europa zusammen kamen, fand das Seminarjubiläum einen fröhlichen Ausklang. Das Titelblatt des Jubiläumsprogramms zierten übrigens drei Fotografien: das Turgenjew-Denkmal in Baden-Baden, ein Portraitfoto der ehemals in Freiburg ansässigen Dichterin Marina Zwetajewa und das neue Tschechow-Denkmal in Badenweiler. Sinnfälliger hätte die literaturwissenschaftliche Interessenslage des Seminars in Baden kaum dargestellt werden können.

Heinz Setzer