Tschechow-Soirée „Wie sollen wir leben?“

22.4.2023, 18.00 Uhr – Kurhaus Badenweiler. Knifflig-spannende Tschechow-Soirée am kommenden Samstag.

Mit der philosophisch-existentiellen Erzählung „Krankensaal Nr. 6“

Nach zweijähriger Corona-Pause und zusätzlicher Verzögerung findet sie nun doch noch statt, die Tschechow-Soirée, mit der die Deutsche Tschechow-Gesellschaft und das Literaturmuseum Badenweiler seit vielen Jahren des Geburtstags Anton Tschechows am 29. Januar gedenken.

Wir freuen uns, herzlich für Samstag, den 22. April, ab 18.00 Uhr, in den Jardin-Saal des Kurhauses einzuladen.

Die letzten Jahre zeigten drastisch, dass man nie weiß, wie sich das Leben entwickelt. Tschechows eigenes Schicksal, insbesondere sein Tod mit 44 Jahren in Badenweiler, sind ebenso ein sprechender Beleg dafür wie die Corona-Pandemie, der kaum für möglich gehaltene Angriffskrieg Russlands auf die Ukraine oder die Inflation.

Vor dem Hintergrund solch schwankender und bedrohlicher Lebensverhältnisse hat sich die DTG entschlossen, die Soirée nicht wie bisher mit humorvollen Erzählungen Tschechows und Musik zu füllen, sondern seine berühmte Erzählung „Krankensaal Nr. 6“, - einem Meisterwerk philosophisch-kritischer Erzählkunst – ins Zentrum zu stellen und dann auch noch ausreichend Gelegenheit für Gespräche zu bieten.
Die DTG-Vorsitzende, Prof. Dr. Dorothea Scholl, wird den Abend eröffnen, danach folgt die Lesung. Der im Original längere Text wird dabei auf die Kernstellen gekürzt und ohne Pause dargeboten werden.

Tschechow schrieb diese Erzählung über einen leitenden Arzt eines Provinzkrankenhauses mit psychiatrischer Abteilung zwei Jahre nach seinem eigenen extremsten Lebensexperiment als Arzt und Schriftsteller: Die Reise auf die fernöstliche zaristische Sträflingsinsel Sachalin, die er als Fahrt in die Hölle empfand und wo er rund 10.000 Dossiers von Sträflingen erstellte.

Im Handlungsablauf wird schnell klar, dass es nicht vorrangig um eine „Irrenanstalt“ geht, sondern darum, wer denn eigentlich die wahren Irren sind, die drinnen oder die da draußen? Und wer für diese als krank aussortierten Menschen eigentlich die Verantwortung trägt und auf welcher Grundlage hier überhaupt geurteilt wird. In einer Gesellschaft, bei der die ethischen Maßstäbe schwankend geworden sind, bleiben nachvollziehbare Wertungen und Urteile eine Schimäre. Und so stürzt Tschechow seine beiden Protagonisten, den Arzt Ragin und den ehemaligen Gerichtsvollzieher Gromow, nun Anstaltsinsasse mit Verfolgungswahn, in die heftigsten Dispute über den Sinn des Lebens.
Um einen sprachlich originären Texteindruck zu vermitteln, werden einige Zeilen auch auf Russisch gelesen. Es lesen Mitglieder aus dem Vorstand (Helmut Haas, Regine Nohejl, Roland Nußbaumer, Dorothea Scholl, Heinz Setzer, Jana Wenzel) und dem Kuratorium (Elisabeth Hartmann, Sera Leisinger, Hans-Dieter Paul, Dieter Schreck) der DTG.

Danach sollte bei Getränken und kleinen Speisen ausreichend Gelegenheit zu Gesprächen sein. Denn außer der Begegnung mit den Werken Tschechows soll die Soirée auch ein Ort der persönlichen Begegnung von DTG-Vorstand, Kuratorium und Mitgliedern sowie Freunden des Literaturmuseums sein, bei der eigene Ideen und Wünsche oder auch Kritik zur Sprache kommen können. Gerade in einer überregional engagierten Kulturgesellschaft, deren Mitglieder oft weit auseinander wohnen, sind direkte Kontakte und eine gelebte Corporate Identity wichtig, aber auch besonders schwierig zu realisieren. Zumal zurzeit, da durch den Ukraine-Krieg unsere russischen und ukrainischen DTG-Mitglieder, die immerhin rund 20 % unserer Gesellschaft ausmachen und auch stets gewichtiges Engagement bewiesen haben, vom aktuellen Programm der DTG weitgehend ausgeschlossen sind.

Natürlich ist auch für das leibliche Wohl (gegen Bezahlung) gesorgt, Getränke gibt es gleich zu Soiréebeginn, Speisen aus der Küche der Luisenstube Badenweiler nach der Lesung.

Im Übrigen freut sich die DTG auch stets auf neue Mitglieder.
Wie bei einer Geburtstagsfeier üblich, ist der Eintritt frei, doch Spenden sind willkommen.

H. Setzer