In Erinnerung an Vera Tschechowa

Viele Verknüpfungen existieren zwischen der Familie Tschechow und Badenweiler, dazu gehört auch die Film- und Theaterschauspielerin Vera Tschechowa, die am 23.4.2024 nach kurzer schwerer Krankheit im 83. Lebensjahr in Berlin verstarb.

Ins Heilbad kam sie 1974 gemeinsam mit ihrer Großmutter Olga Tschechowa anlässlich von Anton Tschechows 70. Todestag (15.7.). Beide wurden damals als hohe Ehrengäste des Kurorts begrüßt.

Die letzte Begegnung, allerdings „nur“ gestaltet als live-Zuschaltung bei einem Interview der damals schon 80-Jährigen mit dem damaligen Museumsleiter Heinz Setzer, geschah am Freitag, dem 16.7.2021, mitten in der Corona-Zeit und in der Tschechow-Woche des 23. Internationalen Literaturforums, der Veranstaltungsplattform des Literaturmuseums Badenweiler.

Das Interview war der Vorspann zur Aufführung des Dokumentarspielfilms „Tschechow in meinem Leben“, der wie das Interview selbst über die Leinwand des Annette-Kolb-Saales lief. Das 15-minütige Gespräch und die wahrscheinlich erstmals direkt in Badenweiler gezeigte Aufführung des 1984 von Tschechowas damaligem Ehemann Vadim Glowna gedrehten Films über ihre berühmte Familie war für die Badenweilerer Tschechow-Gedenkkultur gewiss ein denkwürdiges, ja emblematisches Erlebnis.

Der Film selbst war vor 40 Jahren mit folgendem Pressetext angekündigt worden:

„Dokumentation über Anton Tschechow und seine Nachkommen im Moskau des Jahres 1983. Die in der Bundesrepublik Deutschland geborene Schauspielerin Vera Tschechowa, Urgroßnichte des Dichters und Schriftstellers sowie Enkelin der Filmschauspielerin Olga Tschechowa, begegnet Familienangehörigen, Literaten und Theaterleuten. Vergangenheit und Gegenwart verbinden sich zu einer poetischen Entdeckungsreise in einem Land, das in den Bereichen künstlerischer Sensibilitäten bis dato nur wenig bekannt war [gemeint ist die Sowjetunion].“

Vera Tschechowa dürfte heutigen Kinokennern vielleicht noch als die „Frau mit den grünen Katzenaugen“ bekannt sein, die für die Böll-Verfilmung „Das Brot der frühen Jahre“ 1962 den Bundesfilmpreis bekam und als Markenzeichen des jungen deutschen Films galt. Manchen sind wohl auch noch die Presse-Schlagzeilen der Verehrung Veras durch Elvis Presley in Erinnerung, einer Zuneigung, die sie allerdings nicht erwiderte. Nach Jahren der aktiven Schauspielertätigkeit beim Film und im Theater schuf sie sich einen Namen als Regisseurin biografisch-dokumentarischer Filme, etwa von KollegInnen wie Katja Riemann, Klaus Maria Brandauer oder Michael Ballhaus.

Badenweiler, die Deutsche Tschechow-Gesellschaft, das Literaturmuseum „Tschechow-Salon“ werden dieser letzten großen Vertreterin des Namens Tschechow in Deutschland stets ein ehrendes Angedenken bewahren.

H. Setzer