Kreativer Schreibwettbewerb der Gymnasien Taganrogs:

Deutschland im Leben Tschechows

Wie engagiert Tschechows Heimatstadt Taganrog bestrebt ist, junge Menschen an die deutsche Kultur heran zu führen, zeigte sich gerade in einem besonders originellem Projekt:  Hatte die Stadtverwaltung doch einen Wettbewerb für die weiterführenden Schulen unserer Kulturpartnerstadt unter dem Titel ausgeschrieben: „Mein Zeitungsartikel: Deutschland in Tschechows Leben“. 

Eine achtköpfige Jury aus Russland und Deutschland sollte den Artikeln, die auf Deutsch oder Russisch eingereicht werden konnten, die nötige Anerkennung und Aufmerksamkeit sichern. Mitglieder waren Prof. Dr. Gallina Poljonova, Lehrstuhlinhaberin für Germanistik der Universität, mit der Badenweiler bereits seit 1998 in Kontakt steht, dann Hochschullehrerin Elena Litwinenko, die auch Koordinatorin der Gesellschaft der Deutschlehrer Russlands ist, Gallina Suschkowa, Gymnasiallehrerin der höchsten Qualifikationsstufe sowie Dmitri Kulitschow,  führender Spezialist der Auslandsabteilung der Stadtverwaltung und häufiger Gast in Badenweiler. Von deutscher Seite waren Silke Blum, DAAD-Lektorin in der Landeshauptstadt Rostow-am-Don, und der Badenweilerer Museumsleiter Heinz Setzer als Juroren angeworben worden. Setzer wiederum holte die Mitglieder der Dt. Tschechow-Gesellschaft, die Slavistin Prof. Dr. Maria Deppermann, Vergleichende Literaturwissenschaft Univ. Innsbruck, und  Russischlehrerin Elisabeth Hartmann aus Müllheim an Bord.

Ein journalistischer Artikel über Tschechows Verhältnis zu Deutschland war gefordert, nach 12 Jahren Kulturpartnerschaft mit Badenweiler war es dann auch kein Wunder, dass bei den meisten, aus sieben Schulen eingereichten Texten, Tschechows Sterbeort eine zentrale Rolle spielte. Sogar eine russischsprachige  lyrische Partnerschafts-Hymne (Polina Barannikova, Klasse 10a)  war darunter, in der es heißt: „ Zwei Staaten, zwei Länder, zwei Sprachen / und zwei Historien sind auf Jahrhunderte verflochten. / Und eine russische und eine deutsche Stadt / Tschechow gelang es, sie zu verknüpfen.“ Im russischen Original reimen sich die Verse natürlich.

Einen im  höchsten Grad  außergewöhnlichen Blickwinkel bei gleichzeitig exzellenter deutscher Sprachbeherrschung hatte Alla Usowa (Klasse 8a) eingenommen. In ihrem Artikel „Das Museum, das in den Jahren des Krieges heil blieb“, geht sie auf die bislang in der Stadtgeschichte vernachlässigte Zeit der deutschen Okkupation ein und fragt, wieso die Wehrmacht nicht die Anweisungen „Über das Verhalten der Truppen im Osten“ befolgt und die kulturhistorischen Denkmäler, so etwa Tschechows Geburtshaus, zerstört habe. Usowa bietet gleich zwei Lösungen: der deutsche Stadtkommandant  Kalberbach habe solche Aktionen als Bewunderer Taganrogs verhindert, vor allem aber sei die Schauspielerin Olga Tschechowa ein von Hitler verehrter Filmstar gewesen. Der Name Tschechow sei also auch im Dritten Reich künstlerisch anerkannt gewesen und habe hierdurch Schutzwirkung besessen. In mehreren Artikeln kommt direkt Tschechows Leben in Badenweiler zur Sprache: die „schmeichelnde Luft“, die beeindruckende Natur, aber vor allem die guten Speisen und das Brot, das Tschechow in seinen Briefen auch wirklich über alle Maßen pries – doch auch der Spott Tschechows über die geschmacklos gekleideten deutschen Damen bleibt nicht ausgespart.

Ein höchst gelungener Schulwettbewerb mit originellen Ergebnissen! Die Urkunden, welche die Schülerinnen und Schüler erhalten werden, sollten für Taganrog wie für Badenweiler als wichtige Wegmarken der positiven Entwicklung unserer bilateralen Kulturpartnerschaft gelten.

Heinz Setzer